[Date Prev][Date Next][Thread Prev][Thread Next][Date Index ][Thread Index ]

No Subject Given



Konferenz in Birma ohne Deutsche

Die Bundesregierung boykottiert jetzt doch die Heroinkonferenz
in Birma. Ein Außenministertreffen in Berlin wird unwahrscheinlicher.

Die Bundesregierung wird jetzt doch keine Kriminalbeamten zur
4. Heroinkonferenz von Interpol schicken, die am kommenden
Dienstag in Birmas Hauptstadt Rangun beginnt. Damit entschloß
sich Deutschland als einer der letzten EU-Staaten zum Boykott
der umstrittenen Konferenz. Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes
begründete gestern die Absage gegenüber der taz mit dem "Hinter-
grund der aktuellen Menschenrechtslage" in Birma. Das südost-
asiatische Land wird von einer Militärjunta regiert, der schwere
Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen werden.

Bis Dienstag deutete noch alles auf eine deutsche Teilnahme hin.
Offenbar war man sich in Bonn nur langsam der Brisanz bewußt
geworden. So war erst Anfang dieser Woche die Federführung
vom Bundeskriminalamt (BKA) ins Auswärtige Amt verlagert worden.
Auch die Absage der französischen Regierung dürfte eine Rolle
gespielt haben. Frankreich, wo Interpol seinen Sitz hat, galt bisher
als wichtigster europäischer Unterstützer der Konferenz, während
Großbritannien und die USA die gewichtigsten Gegner waren. Neben
der Aufwertung des vom Westen geächteten Regimes durch die
Heroinkonferenz werfen Kritiker Interpol vor, die Verwicklung der 
Junta in den Drogenhandel zu ignorieren. Die Außenminister der USA
und Großbritanniens beschuldigen die Junta, mit Drogenhändlern 
zusammenzuarbeiten.

Mit dem Boykott der Drogenkonferenz durch die EU-STaaten wird 
auch das für Ende März in Berlin geplante Treffen europäischer und
südostasiatischer Außenminister immer unwahrscheinlicher. Beide
Seiten streiten über die Teilnahme Birmas, das 1997 Mitglied des
ASEAN-Staatenbundes wurde. Die EU verweigert Vertretern der 
birmesischen Junta Visa. 

Das Auswärtige Amt lehnt eine Stellungnahme zum Streit ab. In
diplomatischen Kreisen ist es jedoch kein GEheimnis, daß die
Bundesregierung Birma gern die Teilnahme am Berliner Treffen
ermöglichen würde. Zum einen, weil man nicht vom Erfolg einer
fortgesetzten Isolierung Birmas überzeugt ist, zum anderen, um
damit das Treffen zu retten. Denn die ASEAN-STaaten wollen nur 
mit Birma kommen. Als Kompromiß forderte Bonn von Rangun 

humanitäre Gesten und die Bereitschaft zu Gesprächen über
Menschenrechte ein. In der letzten Woche ließ die Junta dann 
auch zwei prominente politische Gefangene frei. Großbritannien
beharrt jedoch auf grundlegenden Verbesserungen. Erst kürzlich
waren über 270 Regimegegner zu zum Teil langjährigen Haftstrafen
verurteilt worden.

Sven Hansen
aus: Die Tageszeitung, 19.2.1999